Digital souverän: Schleswig-Holstein setzt auf Open Source

Und was KMU daraus lernen können

Das Land SchleswigHolstein geht einen bemerkenswerten Weg: Es ersetzt systematisch proprietäre Software wie Microsoft Office, Windows und Exchange durch OpenSource-Alternativen. Ziel ist es, die digitale Souveränität der öffentlichen Verwaltung zu stärken, Kosten langfristig zu senken und mehr Kontrolle über die eigenen Daten zu erlangen. Aber wie sieht der konkrete Tech Stack aus – und was bedeutet das für Unternehmen, insbesondere den Mittelstand?

Der zukünftige Tech Stack von Schleswig-Holstein

Die Strategie des Landes basiert auf sechs zentralen Säulen:

  1. LibreOffice statt Microsoft Office
    Die klassische Microsoft-Office-Suite wird durch LibreOffice ersetzt. Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Präsentationen sind damit auch ohne Lizenzkosten möglich. Die Umstellung ist bereits in vollem Gange – über 30.000 Arbeitsplätze sind umgerüstet, bis Oktober 2025 soll Microsoft Office auf 70 % der Systeme verschwinden.
  2. Linux-Desktop mit KDE statt Windows
    Der Wechsel vom Windows-Betriebssystem zu einer Linux-Distribution mit KDE Plasma als Desktop-Umgebung ist langfristig geplant. KDE bietet eine vertraute Benutzerführung für Umsteiger und lässt sich gut an die Anforderungen der Verwaltung anpassen.
  3. Open-Xchange & Thunderbird statt Exchange & Outlook
    Für E-Mail, Kalender und Kontakte wird Open-Xchange in Kombination mit dem E-Mail-Client Thunderbird eingesetzt – beides Open-Source-Lösungen mit einem hohen Maß an Flexibilität und Datenschutz.
  4. Univention Corporate Server (UCS) statt Active Directory
    UCS dient als zentrale Benutzer- und Rechteverwaltung. Es ersetzt Microsofts Active Directory und ist ebenfalls vollständig quelloffen.
  5. Nextcloud statt SharePoint
    Für Dateiablage, Zusammenarbeit und Synchronisation nutzt das Land Nextcloud – ein datenschutzkonformer Cloud-Dienst, der auf eigenen Servern betrieben wird.
  6. Open-Source-Telefonie statt proprietärer Systeme
    Auch im Bereich VoIP und Telefonie entwickelt Schleswig-Holstein eine offene Lösung – z. B. auf Basis von Asterisk oder anderen Open-Source-Komponenten.

Automatisierung mit LibreOffice: Die Alternativen zu VBA

Einer der größten Unterschiede zu Microsoft Office liegt im Bereich der Makros und Automatisierung. Während viele Unternehmen in Microsoft Office auf VBA (Visual Basic for Applications) setzen, gibt es in LibreOffice mehrere Alternativen:

1. LibreOffice Basic (StarBasic)

Eine VBA-ähnliche Sprache, die viele bekannte Strukturen bietet – aber mit einem anderen Objektmodell. Bestehende VBA-Makros müssen oft überarbeitet werden.

2. Python

LibreOffice unterstützt Python als Makrosprache. Die Nutzung ist deutlich moderner, leistungsfähiger und besser geeignet für komplexe Automatisierungen oder die Anbindung externer Systeme.

3. UNO API

Die Universal Network Objects API erlaubt den Zugriff auf nahezu alle Komponenten von LibreOffice – über Python, Java, Basic, C++ oder JavaScript. Diese Schnittstelle ist der Schlüssel zu tiefergehenden Automatisierungen.

4. Externe Steuerung per Python & Headless-Modus

LibreOffice kann auch automatisiert im Hintergrund (ohne GUI) betrieben werden – z. B. für Serienbriefe, PDF-Erzeugung oder Dokumentenprüfungen. Perfekt für Batch-Prozesse oder Integration in bestehende Workflows.

5. Eingeschränkte VBA-Kompatibilität

In LibreOffice können einfache VBA-Makros teilweise weiterverwendet werden, sofern in den Optionen die Kompatibilität aktiviert ist. Für komplexere Makros empfiehlt sich jedoch eine Neuentwicklung.

Ist der Open-Source-Stack auch für KMU sinnvoll?

Ja – unter bestimmten Bedingungen. Hier ein kurzer Überblick über die Vor- und Nachteile für kleine und mittlere Unternehmen:

Vorteile:

  • Lizenzkosten entfallen: Office, Server, Exchange – all das kann entfallen.
  • Datensouveränität: Keine Abhängigkeit von Cloud-Diensten oder US-Anbietern.
  • Individuelle Anpassbarkeit: Die Systeme lassen sich sehr gut auf eigene Bedürfnisse zuschneiden.
  • Langfristige Kontrolle: Keine Überraschungen durch plötzliche Lizenzänderungen.

Herausforderungen:

  • Hoher Schulungsbedarf: Die Umstellung auf Linux, LibreOffice und andere Tools erfordert Eingewöhnung.
  • Makro-Umstellungen: Automatisierungen in VBA müssen oft neu gedacht und umgesetzt werden.
  • IT-Betreuung: Interne IT oder externer Dienstleister müssen sich mit der Open-Source-Welt auskennen.

Fazit für KMU:
Für Unternehmen mit hoher Abhängigkeit von Microsoft-Makros und -Formularen lohnt sich ein Wechsel nur mit guter Planung und technischen Ressourcen. Für kostensensible Betriebe mit technischer Offenheit kann der Open-Source-Stack eine interessante, zukunftssichere und datenschutzkonforme Alternative darstellen – besonders in Zeiten steigender Lizenzkosten und wachsender Compliance-Anforderungen.

Tipp zum Schluss:
Wer als Unternehmen mit der Open-Source-Umstellung liebäugelt, sollte mit einzelnen Pilotprojekten starten – z. B. mit der Nutzung von Nextcloud als Dateiserver oder LibreOffice in der Buchhaltung. So lassen sich erste Erfahrungen sammeln, ohne gleich die gesamte IT-Landschaft zu verändern.

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