Arbeitszeiterfassung ist Pflicht
Mit Urteil vom 13.09.2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass in Deutschland eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht. Die Entscheidung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts wurde damit begrĂŒndet, dass die Pflicht des Arbeitgebers zur systematischen Erfassung der Arbeitszeiten seiner BeschĂ€ftigten bereits mit der Auslegung des Arbeitsschutzgesetzes nach dem sogenannten „Stechuhr-Urteil“ des EuropĂ€ischen Gerichtshofs vom Mai 2019 besteht.
Das Gericht bezog sich auf einen Passus im Arbeitsschutzgesetz, der Arbeitgeber dazu verpflichtet, ein System zur Erfassung der Arbeitszeiten der BeschĂ€ftigten einzufĂŒhren.
Experten erwarten, dass das BAG-Urteil (Aktenzeichen: 1 ABR 22/21 ) weitreichende Auswirkungen auf die bisher in Wirtschaft und Verwaltung tausendfach praktizierten Vertrauensarbeitszeitmodelle einschlieĂlich mobiler Arbeit und Homeoffice haben wird, weil es mehr Kontrolle erforderlich machen wird. Nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz mĂŒssen bisher nur Ăberstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht die gesamte Arbeitszeit.
Arbeitsrechtler ergĂ€nzen: Diese Entscheidung betrifft Arbeitnehmer in ganz Deutschland – unabhĂ€ngig davon, ob es einen Betriebsrat gibt oder nicht.
Update 2023:
Im Jahr 2023 hat das Bundesministerium fĂŒr Arbeit und Soziales (BMAS) einen Gesetzesentwurf zur Arbeitszeiterfassung vorgelegt. Der Entwurf konkretisiert die Anforderungen des BAG-Urteils: Arbeitgeber sollen kĂŒnftig verpflichtet werden, Beginn, Ende und Dauer der tĂ€glichen Arbeitszeit elektronisch und tagesaktuell zu erfassen. Gleichzeitig ist eine gewisse FlexibilitĂ€t fĂŒr kleinere Betriebe vorgesehen – sie sollen zunĂ€chst auch papierbasierte Systeme nutzen dĂŒrfen. Die Debatte ĂŒber Vertrauensarbeitszeit und die Vereinbarkeit mit der Pflicht zur Zeiterfassung wird kontrovers gefĂŒhrt. Viele Unternehmen begannen 2023 mit der Umstellung auf digitale Zeiterfassungssysteme.
Update 2024:
Anfang 2024 wurde der Gesetzesentwurf ĂŒberarbeitet und befindet sich in der parlamentarischen Abstimmung. Es zeichnet sich ab, dass eine gestufte EinfĂŒhrungspflicht kommen wird: GroĂunternehmen mĂŒssen schneller umstellen, wĂ€hrend Kleinstbetriebe lĂ€ngere Ăbergangsfristen erhalten. FĂŒr Homeoffice und mobile Arbeit soll es laut Entwurf vereinfachte digitale Erfassungsmöglichkeiten geben, um flexible Arbeitsformen nicht zu behindern. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung wird nun klar als MaĂnahme zum Gesundheitsschutz und zur Vermeidung von unbezahlter Mehrarbeit begrĂŒndet. Viele Unternehmen haben ihre Arbeitszeitmodelle ĂŒberarbeitet und setzen stĂ€rker auf transparente, arbeitnehmerfreundliche Zeiterfassung.
Update 2025:
Seit Mitte 2025 ist mit dem Inkrafttreten des neuen Arbeitszeitgesetzes die elektronische Zeiterfassung fĂŒr die meisten Unternehmen gesetzlich verpflichtend geworden. Die gesetzlichen Vorgaben gelten nun flĂ€chendeckend – auch fĂŒr kleinere Betriebe, die Ăbergangsregelungen nutzen konnten. Bei VerstöĂen drohen BuĂgelder. Die elektronische Erfassung kann auch durch Apps oder Software-as-a-Service-Lösungen erfolgen. Vertrauensarbeitszeit ist weiterhin möglich, jedoch nur im Rahmen klar dokumentierter und abrufbarer Arbeitszeiten. In vielen Branchen hat sich ein pragmatischer Umgang etabliert, der sowohl FlexibilitĂ€t als auch rechtssichere Dokumentation erlaubt.
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